Zoo-AG

Anmerkungen



Dies ist eine Archivseite mit dem inhaltlichen Stand von 1997 und wird nicht aktualisiert. Sie bleibt als historisches Dokument online.


zookunft-logozookunft-logoZooKunft 97

23. Februar 1997

Zum drittenmal organisierte Quantum e.V. diese Tagung, auf der Zooleute, Arten- und Tierschützer, Zoogegner, Fördervereine und das ganze breite Spektrum an Zoos interessierter Leute zusammenkommen und sachlich diskutieren können. Die Zoo-AG war mit immerhin vier Personen dabei - mehr als mancher große Zoo zu bieten hatte...

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Drei von uns im angeregten Gespräch mit weiteren Teilnehmern der ZooKunft beim Abenddinner


Wir können hier nicht einen kompletten Tagungsbericht liefern. Das Tagungsprogramm der ZooKunft 1997 ist bekannt, die Zusammenfassungen der Vorträge gibt's früher oder später auch wieder beim Schüling-Verlag. Ein Kurzbericht zur Tagung und die Vorträge von Lutz Scheibel (Gemeinschaft der Zooförderer) und Dr. Heiner Engel (Zoo Hannover) sind auch im "Zoofreund", der hannoveraner Zoozeitschrift, Juni 97, abgedruckt. Die aus Zoo-AG-Sicht interessantesten Aspekte und ungewöhnlichsten Thesen zur Zootierhaltung sollen hier beleuchtet werden:

Richard Perron, Quantum e.V., machte in der Einführung klar, daß es beim Umbau der Zoos auch um die Realisierung von Artenschutzprogrammen gehe: Ein EEP-Schildchen reiche eben nicht aus, die Wirkung müsse über die Zoogrenzen hinausreichen. Wenn 11 Mill. DM für eine Eisbäranlage ausgegeben würden, sei das "schrecklich, zumal diese Art nicht einmal ernsthaft bedroht ist". Forderung: 1% der Kosten eines Zoos sollten in IUCN-Projekte fließen. Aktuelle Frage, die aber aus dem Auditorium nicht beantwortet werden konnte: Es gäbe Hinweise, daß die Disco-Lichtzeiger Vögel irritieren und z.B. Kraniche solange kreisen, bis sie erschöpft notlanden.

Die Einführungsvorträge der Zooverbände standen unter dem Thema "Zukunftsperspektiven":

Prof. Klaus Pohlmeyer, Deutscher Wildgehegeverband:

Der sehr knapp gehaltene, vorgezogene Vortrag erschöpfte sich in Aussagen, die von Grzimek und Hediger schon vor 30 Jahren zu hören waren: Übernutzung der Natur durch den Menschen, Aufgaben moderner Wildtierhaltung und Didaktik-Anspruch. Nichts Konkretes, nur Allgemeinplätzchen; und da der Vortragende danach sofort weg mußte, wird er die aktuellen Fragen auch diesmal nicht mitbekommen haben. Ein trauriger Auftakt!

Ingo Wilhelm, Deutsche Tierpark-Gesellschaft 

stellte recht innovative Forderungen auf, die gleichermaßen hochgegriffen wie für die Mehrzahl der Mitglieder nicht annähernd zu erreichend sind: Einsatz neuer Medien, interaktives "Zoo-seum", Kriterienkataloge und Checklisten nach EAZA-Norm, Zoo als pädagogische Einheit mit ganzheitlicher Sicht und aktive Naturschutzprojekte. Leider dürften viele der Mitgliedszoos die Begriffe noch nie gehört haben und an der Umsetzung auch gar nicht ernsthaft interessiert sein - die Frage blieb im Raum stehen: Wie kann die Tierpark-Gesellschaft solche hohen Ansprüche ernsthaft setzen, wenn andererseits keine Möglichkeit gezeigt wird, wie man sie durchsetzen will. Trotzdem: Solche Forderungen von der DTG zeigen immerhin, da auch dort die Ideen eines neues Zoo-Verständnisses nicht mehr nur als Luxus einiger Großzoos abgetan werden.

Prof. Dieter Jauch, Wilhelma Stuttgart:

Fordert uneingeschränkt eine gesetzliche Regelung zur Wildtierhaltung: Mindestanforderungen und Richtlinien, auch wenn auch manche größeren Zoos noch Probleme mit der Einhaltung hätten: "Unter Druck schafft man mehr", "Zwänge führen zu Fortschritt". Als Beispiel nennt er die Artenschutz-Verordnungen, durch die erst die Hobby-Vivarianer zu engagierten Züchtern geworden seien. Die EAZA fordert zwar EU-einheitliche Regelungen, die sind aber nicht in Sicht. Die Problematik, wie z.B. die Maße festzulegen seien, spricht er ausführlich an - so gibt es in D, CH und A völlig unterschiedliche Richtwerte z.B. für Krokodile - und wer legt sie fest, welche Gutachter soll man nehmen? Zudem müßten vergleichbare Fälle auch vergleichbar geregelt sein: Nutztierzüchter, Zoos, Stallhalter... Die Richtlinien sollten nicht optimale Haltung definieren, sondern die Sicherheit geben, nichts falsch zu machen - und gerichtsverwertbare Grenzen für Tierquälerei festzulegen. Gestaltungsgeschick und Visionäres sind wichtig für Gehegegestaltung, wie in der besten und größten Gavialanlage, der in der Jungle World im New Yorker Bronx Zoo; und die dennoch nicht die deutschen Richtlinien erfüllt. Und auch dort gleich nebenan ein künstlicher Baumstamm mit Python, die kaum 1 m Platz hat - so geschickt natürlich gestaltet, daß dieser schwere Mangel kaum auffällt! Der Diskussionsleiter, Prof. Klös, merkte nicht ohne Genugtuung an, daß 1972 Mindestanforderungen in Bonn gefordert wurden, doch nur 3 VDZ-Direktoren waren dafür: Grzimek, Faust und er selbst, die übrigen hätten Angst bekommen...

Lutz Scheibel, Gemeinschaft Deutscher Zooförderer:

Zoofördervereine sind mehr als Mittel zu Geldbeschaffung, sie müssen den Gedanken der Welt-Naturschutz-Strategie vorantreiben und Brücken zum Zoobesucher bauen. Artrettung im Zoo verkörpert das "Prinzip Hoffnung": "Wer von Artenschutz spricht, und Zoos abschaffen will, verkennt die Zeichen der Zeit; dogmatische Schließung widerspricht der Kulturerfahrung der Menschheit". Die Wahrheit habe aber zwei Seiten, und vor Arroganz müsse gewarnt werden: jede schlechte Tierhaltung sei ein Gegenargument gegen die eigene Argumentation. Daher: offensive Auseinandersetzung mit Zoogegnern! Und: Ablehnung von Rummel und Action im Zoo - dieser Tanz ums Goldene Kalb widerspräche dem Artenschutzgedanken.

Dr. Claus Hagenbeck, Hamburg:

"Ich bin ein profitgieriger Unternehmer!". Zoos müssen selbstverständlich finanziert werden, daher muß das Marketing auf die Kunden gerichtet werden - und die Zoobesucher kommen in ihrer FREIZEIT! Der Zoo hat eine Bringschuld, Spektakel darf nicht fehlen - das sei auch bei Museen so. Deshalb: Tierauswahl auf bekannte Arten, die nicht unbedingt die seltenen sind ("Presse kommt für junge Löwen, nicht für Riesenotter"). Hagenbecks gitterlose Freianlagen waren eine neue ZURSCHAUSTELLUNG (Zitat T. A. Edison: "not in cage, on stage"), die artgerechte Haltung war ein Nebenprodukt. Wichtiger ist eine besuchergerechte Tierhaltung: nämlich die Vermittlung, daß die Tiere artgerecht gehalten werden. Z.B. ist wegen EEP-Problemen z.Zt. nur 1 Tiger in Hamburg, das sei zwar artgerecht, aber gäbe Besucherproteste. Orangs machten keine Unterschiede zwischen Edelstahl und Kunstliane, aber die Besucher. Unter Wasser sei es still, aber in Aquarien laufe Musik... Dressuren seien OK, die Uniformen aber ein Zugeständnis an die Besucher - sind Konzerte, Gastronomie und Kinderspielplätze artgerecht? Nachtführungen? (ja!). Fazit: Besucher = Kunde = König!

Rüdiger Schmiedel, Tierhilfswerk

Der abgedruckte Vortrag wurde kurzfristig aktualisiert, vor allem um zu verdeutlichen, daß das Tierhilfswerk sich als fairer und sachlicher Partner der Zoos versteht, sich von radikalen Aktionen distanziert. Die Förderung der Seehundstation Noorden mit 500.000 DM sei ein Beispiel dafür (na ja). Anschließend wurden in einem Video die Bären-Auffangparks in Rhenen und in Worbis gezeigt. Schlechte Bärenhaltungen nicht als Prügelknaben, sondern als Beispiele vorgestellt, um zu zeigen: "so geht's nicht, wir zeigen Alternativen und geben Hilfe zur Veränderung". Artgerechte Tierhaltung sei bei Bären ohnehin nicht möglich, aber sehr wohl tiergerechte. Konkret: 1. Bauabschnitt noch 1997 fertig, bis zur Expo 2000 werden 9,4 Mill. DM verbaut, 3,5 ha Bärenpark für maximal 15 Tiere, gezielte Zucht allenfalls nach Bedarf, sonst Kastration, Separierung oder getestete Bärenpille. Nun ist also ein Tierschutzverein mit dem Bärenpark Worbis unter die Zoobetreiber gegangen und muß nun selbst zeigen, daß die eigenen Ansprüche erfüllt werden können.

Gigi Heuss, Zoo-Architektin:

Sehr interessanter Diavortrag, der selbst unter den Projektionsproblemen und Klös-Zwischenrufen kaum litt, mit zahlreichen Gegenüberstellungen von "Profan-" und Zoo-Architektur, um die zentrale These zu untermauern: Bisher wurde in Zoos genauso gebaut wie "draußen", nach Standard-Muster und als Architekten-Denkmäler. Sie hingegen möchte, daß Zooarchitektur, ganz im Gegensatz zur klassischen Lehre, sich nicht von der Natur distanziert, sondern zum Landschaftselement wird und Ehrfurcht vor den Tieren weckt. Jeder Zoo müsse zwingend einen ganzheitlichen Masterplan haben, schon damit teure Fehlplanungen vermieden werden: Gegen-Bsp. Miami-Monorail, von der man in Tierpflege-Hinterhöfe blickt, was die ganze, mühsam aufgebaute Illusion zerstört. Prof. Klös betonte, daß die Entwicklung von Anthropozentrik zu Biozentrik gehe. In der Diskussion wurde weniger auf Heuss' eigene, manchmal durchaus "denkmaligen" Bauten eingegangen, sondern die Frage aufgeworfen, ob kleinere Zoos so etwas überhaupt bezahlen könnten bzw. ob Zoos mit solchen Vorgaben überhaupt noch bezahlbar seien. Fazit: Sie sind es, Beispiel Rheine; und Dr. Salzert regte sogleich an, das gesammelte Zooplanungswissen schriftlich niederzulegen. Nun, das wäre ja das Ende des Grashügeldachhausmonopols...

Ulrike Höfgen, Die Grünen

war eher enttäuschend; sie hatte offensichtlich keinerlei Ahnung vom Thema und zeigte allenfalls überdeutlich, welchen Mißverständnissen man Laien gegenüber zuvorkommen muß: Die Grünen seinen nicht grundsätzlich gegen Zoos, aber bei privaten Besuchen hätte sie den Eindruck gewonnen, Fernsehfilme und Bücher seien viel bunter und aktionsreicher... Es gäbe keinen grundsätzlichen Bedarf, Tiere aus der Wildnis für den Zoo zu übernehmen [das passiert fast nur noch bei bedrohten Arten, für die Zuchtgruppen in Zoos etabliert werden müssen - also ein Schuß in die falsche Richtung]. Man solle Qualhaltungen wie Delphinarien und Großsäugerkäfige beenden (???) und freiwillig artgerechte Haltung gewährleisten. Die Diskussion war unverdienterweise lang und intensiv, scheinbar hatten die ziemlich naiven Ausführungen doch ein paar Leute aufgeschreckt. Vor allem die TV-Vergleiche waren offensichtlich provokativ und lösten die ganze Flut an bekannten Gegenargumenten aus: Lebende Tiere; nicht vorgefertigte Bilder, sondern freies Beobachten; auch andere Sinne; direkte Erfahrungen; Tendenz zur "live-Welt" und Wirklichkeitsentfremdung,...

Dr. Harald Schwammer, Tiergarten Schönbrunn, Wien

zeigte beeindruckende Vorher-Nachher-Diashow vom Komplettumbau des Wiener Zoos. These: statt >man sollte, müßte, könnte<: einfach anfangen, dann kommt Hilfe statt Kritik von Tierschutzorganisationen. Das Architekten-Problem im Zoo sei ein hausgemachtes Vermittlungsproblem.eigte beeindruckende Vorher-Nachher-Diashow vom Komplettumbau des Wiener Zoos. These: statt >man sollte, müßte, könnte<: einfach anfangen, dann kommt Hilfe statt Kritik von Tierschutzorganisationen. Das Architekten-Problem im Zoo sei ein hausgemachtes Vermittlungsproblem.

Dr. Wolfgang Salzert, Tierpark Rheine:

Ein mit Informationen, Ideen und Anregungen vollgepackter Diavortrag mit den auf vielen Reisen gesammelten Beispielen hervorragender und gräßlicher Zooarchitektur, und das gnadenlos mit Zoo-Nennung! - aber nicht als bunte Kollage, sondern um ein Bündel klarer Forderungen zu illustrieren: Credo: gut geplante Anlagen sind billiger und attraktiver!

Grundüberlegung: Gegenüberstellung Privatzoo - Kommunalzoo ist keine sinnvolle Einteilung, es geht darum, mit möglichst wenig Tier möglichst viel Erleben zu erzeugen (Bsp.: Affenparks) - vier Methoden:

  1. sehr viel Geld + gut: z.B. Arnheim: im Endeffekt preiswert; Central Park Zoo N.Y.; diese Kombination ist aber auch die seltenste.
  2. sehr viel Geld, aber schlecht: einfach nur teuer
  3. Billige Flops: schwere Holzvolieren, Gittergänge
  4. Wenig Geld, gute Gehege; Doue-la-Fontaine, Jersey (Gorillas): nötig sind spezifische Kenntnisse (doch gibt es keinen Ort, wo man sie erlernen könnte), die "Tradition fachlicher Inkompetenz" muß durchbrochen werden.

Grundregeln:

Gebotene Möglichkeiten analysieren und nutzen: gutWildfowl Trust natürliche Teiche, schlechtFlamingos Osnabrück

Viel hilft nicht viel: schlechtPapageien Walsrode; Neuwied

Nicht für die Ewigkeit bauen: 30-J-Provisorien; billiger & schneller anzupassen, auf Abbruch gerichtete Bauweise: gutNasenbär Ueckermünde, Colobus Belfast, schlechtWanderu Duisburg, Tiger Tierpark Berlin

Außen phantastisch, innen spartanisch: mehr in Außengehege investieren, da mehr Effekt pro Geld. gut Elefanten Emmen: innen karg, aber großzügig; Bonobos Planckendael: häßlich, aber gute Haltung, groß & vielfältig; Gegenbeispiele: Jungle World N.Y., Tamman Indah Rotterdam: Verweildauer Innen länger als außen.

Architektonische Highlights verkneifen: - Voliere & Elefanten London, gut Voliere Rheine, gutschlechtRaubtierhaus München: "Apotheose der Lüftungstechnik"

Angepaßte Tierauswahl: Geldsparen z.B. durch winterharte Arten

Absperrung mit "geringem Filterfaktor": schlechtUS-Paviananlage mit schwerem Edelstahlnetz überspannt

Vorher Geld investieren: Herumfahren und Erfahrungen sammeln, statt Geld falsch zu verbauen

Studie: unter 400 qm treten Stereotypien bei Tigern häufiger auf, möglichst >1000 qm. Entgegnung Engels: Anlagen nicht zu groß, weil Tiere sonst nicht zu sehen. Antwort: Das sei eben die Kunst des Zoodesigners!

Dr. Axel Gebauer

stellte das neue Konzept des Tierparks Görlitz so überzeugend dar, daß man anschließend am liebsten sofort dorthin gefahren wäre. Der Vortrag ist abgedruckt, die Dias zeigten, daß der Inhalt keine Lippenbekenntnisse darstellt, sondern die Umsetzung in vollem Gang ist: Schwerpunkt Naturschutz, und zwar direkt im Zoo, in der Bildungsvermittlung und in regionalen Naturschutzgebieten. Und zwar ganz gezielte Projekte, Aktionen und auch politische Stellungnahmen, wie Anti-Autobahn-Informationen. Der Masterplan wurde mit Fr. Heuss entwickelt. Viel Aufmerksamkeit wird auch ReHa-Projekten und Einzeltierschutz-Aktionen gewidmet, was in der anschließenden Diskussion der Hauptpunkt wurde: Während Austermühle "Abschaffungen und Umbau" lobte - "das geht in die richtige Richtung, Kompliment!", und betonte, daß Artenschutz für die Besucher zu abstrakt wäre, während Tierschutz das Einzeltier betrachtet und so Achtung erzeugt, wetterte Klös: "Individuenschutz ist Schwachsinn - Artenschutz ist die Aufgabe!". Darauf die Antwort: Die Besucher wollen Einzeltiere, mit denen sie sich identifizieren können. Über Einzeltiere kommen die Gelder, nicht über Projekte!

Stefan Austermühle, Bund gegen dem Mißbrauch der Tiere:

Auch diesmal unverdrossen dabei, bekam er 5 Minuten außerplanmäßige Redezeit: Zum allgemeinen Erstaunen kam zuerst eine Art Lob für Klös & Co., die "gezeigt hätten, daß Utopien doch nicht ganz so wirklichkeitsfremd seien", dann die Klarstellung, er sei weder militant noch dogmatisch. Und dann das eigentliche Anliegen: Vor 4 Wochen seien Paviane aus erbärmlicher Zirkushaltung freigekauft wurden, die CITES-Papiere vom Zoo Krefeld hätten. Die Forderung: Zooleute, die an solche Leute Tiere abgeben, sollen als Tierquäler bezeichnet werden; auch wenn es über Händler geht; so wie es auch in jedem Tierheim Verträge und Kontrollen gäbe. Die Anregung: Text mit der Willensbekundung aufsetzen, daß so etwas nicht mehr vorkommen darf, und der Appell, so etwas in Zoos nicht mehr durchgehen zu lassen. Leider wurde die Anregung nicht diskutiert, sondern von Prof. Klös mit dem (ja durchaus ernstzunehmenden) Hinweis abgetan, auch CITES-Papiere könnten gefälscht sein, es müsse besser recherchiert werden und man müsse sehr vorsichtig mit öffentlichen Anschuldigungen sein. Die eigentliche, grundsätzlichere Frage, nämlich wie verhindert werden kann, daß Zootiere in dunkle Kanäle geraten, konnte dann nicht mehr diskutiert werden.

Darüber hinaus gab es zahlreiche Beiträge zu In-Situ-Projekten und Schutzprogrammen, die hier nicht weiter besprochen werden sollen, obwohl sie unzweifelhaft ebenso interessant und wichtig sind. Der zweite Tag stand unter dem Zeichen des Gastgebers und wurde daher zu einer Dauer-Werbesendung für das Zoo-Hannover-Projekt:

Klaus-Michael Machens:

logo zoo hannoverExpo-Gelder sind eher psychologisch, Projekt wird weitgehend mit Krediten finanziert: 27 Mill. bis Pfingsten 1997 verbaut, 100 Mill. bis 2000. Abgedeckt mit jährlichen Besucher- und Eintrittspreissteigerungen (präzise eingehalten), 90 % Besucherakzeptanz. Vergleiche mit Freizeitparks und Schützenfesten. Marketing statt Werbung: Zoo ist ein erklärungsbedürftiges Produkt: "Die Leute sehen alles und begreifen nichts": Unterschied zwischen zufriedenem und begeistertem Besucher. Leitung in Kooperation, neues Bewußtsein aller Mitarbeiter. Fazit: eine einzige Erfolgsstory, voll im Zeit- und Geldplan und ohne Probleme...

Dr. Heiner Engel:

der Vortrag ist im "Zoofreund" erschienen und mehr als provokativ vor versammeltem Zoo-Publikum: Eigentlich seien alle klassischen Zoo-Aufgaben nicht zwingend oder erfolgreich, von der Erholung abgesehen: "Freizeitbeschäftigung bei hoher sozialer Aktivität". Bildung ist nicht der Grund für den Besuch, und die "Predigt hören nur die, die ihrer nicht bedürfen". Es gibt also zwei grundlegende Mißverständnisse: Das des Tiergärtners bei der Betrachtung des Besuchers, und das des Besuchers bei der Betrachtung der Tierhaltung. Für die Lösung letzteren wären langes Studium und Praktikum nötig, was nur zu 800.000 arbeitslosen Tiergärtnern führe... (bitte hier lachen...). Nun gab Engel weiter an die Architekten, die mit bunter Projektion eine etwas konfuse Darstellung ihrer Philosophie lieferten: Warum der alte Zoo nicht mehr angenommen wurde, was man bei Disney gelernt hat, wie die gewünschte Emotion vom Gebäude ausstrahlen muß und wie 120.000 Flugkilometer um die Welt und 2 Jahre Planung nun zum Gorillaberg führten. Und letztlich: Der Architekt als Phantast - ein noch reichlich unausgegorenes Brainstorming zum Thema "Antarktika". "Bootstouren sind der absolute Renner", "Hypernaturalistisch" und "U-Effekt nach Brecht" scheinen die Hauptlinien der Planung zu sein. Bleibt die Frage, ob die Darstellung nur unprofessionell-konfus oder absichtlich vage war, um die konkreten Umsetzungen noch nicht zu frühzeitig freizugeben. Entsprechend ratlos und grundsätzlich war die Diskussion: von klarer Ablehnung einer Disney-World-Erlebnis-Tour, in der die Tiere nur noch Staffage sind, bis zur Anerkennung einer weitschauenden Planung und der bislang gelungenen Finanzierung; vom Zweifel, wie lange eine solche Attraktion ihren Neuigkeitswert behält bis zum Staunen über die perfekten Kulissen; von der Überzeugung, ein solcher Park entferne sich endgültig vom Selbstverständnis der Zoos bis zum Eingeständnis, dies sei zumindest ein neues Konzept inmitten der recht statischen deutschen Zoolandschaft, ein mutiges Experiment, dessen Erfolg man erstmal abwarten müsse.

Entsprechend hoch waren die Erwartungen an die anschließende Zooführung!

Fazit der ZooKunft 1997: Trotz der manchmal etwas restriktiven Moderation von Prof. Klös kam eine deutlich stärkere Diskussion in Gang als im Vorjahr. Erstaunlich: Die größten Differenzen traten diesmal innerhalb der "Zoogemeinde" auf, die reine Zookritik trat eher in den Hintergrund. Das lag aber weniger an Problemen des Miteinander-Redens (wie früher), sondern ist vermutlich Ausdruck davon, daß die neuen, kontroversen Ideen aus dem Zoo-Bereich selbst stammen; die Zookritiker hatten kaum Neues zu bieten.

Die ZooKunft 1997 brachte viele unterschiedliche Leute zusammen. Wir kommen 1998 auch nach Nürnberg!

(c) Foto & Text Dirk Petzold 97


Erstellt am 23.2.1998, Foto aktualisiert 12.99 - Zoo-AG Homepage logoeule