Zoo-AG

Anmerkungen


Dies ist eine Archivseite mit dem inhaltlichen Stand von 1999 und wird nicht aktualisiert. Sie zeigt den damaligen Stand der Zoos und bleibt als historisches Dokument online.

Exkursionsbericht Burgers Dierenpark Arnhem


1. November 1999, mit Gästen aus Augsburg, Osnabrück, Münster und Wuppertal, 14 Teilnehmer



Strandriff


Eingangsbereich des Ocean mit Strandriff und Klippen


Wir waren mit dem zoologischen Leiter Dr. Joep Wensing verabredet, der uns zuerst in das Café des ‚Bush‘ einlud und uns eine kurze Einleitung zur Philosophie der Ökosystem-Anlagen und der Komplexität der künstlichen Ökosysteme gab. Eine besondere Herausforderung ist es, die unvorhersagbaren Wechselwirkungen zwischen den Organismen zu kontrollieren und die richtige Kombination verschiedener sich gegenseitig beeinflussender Tier- und Pflanzenarten zu finden.



Unser Hauptgrund für die Exkursion war das neueröffnete Großaquarium ‚Burgers Ocean‘, das an die Urwaldhalle angebaut wurde.


Der Besucher betritt das Aquarium “über dem Wasserspiegel”, an einem Riffstrand. Zuerst zwischen Felsen hindurch, dann entlang geschwungener Acrylglasscheiben geht es langsam unter den Wasserspiegel hinab bis in einen Felstunnel. Man soll den Eindruck haben, in das Riff hineinzugehen. Um Spiegelungen zu vermeiden und die Technik zu verdecken, spannt sich über dem Besucherbereich eine niedrige Segeltuchdecke, die leider etwas erdrückend wirkt. Schon ziehen in den Flachwasserbereichen Schwärme von Fuchsgesichtern und Riffbarschen umher, zwischen ganzen Gebirgen aus künstlichen, aber täuschend echt aussehenden Kunst-Korallen, die weit über die Wasseroberfläche ragen. Im Laufe der Zeit sollen viele weitere Arten hinzukommen - nur Krabben werden leider nicht dabei sein, da sie auch im Besucherbereich und im übrigen Aquarium herumlaufen würden. Für Futter sorgen Mangrovenquallen, die für den Besucher unsichtbar über dem Felsentunnel untergebracht sind und deren zahlreiche Larven als Plankton in das Becken gelangen können.


Riffbecken


Riffbecken im Felsentunnel




Riffkante


Großbecken “Außenriff-Kante” mit 20-m-Acrylscheibe



Fische noch nicht gefüttert? Dann aber los!




Freiwasserbecken


Freiwasserbecken für Schwarmfische




Tunnel


Unterwasser-Tunnel



Aus dem Felstunnel, in dessen dunkle Wände einzelne Korallenimitate “zum Befühlen” eingelassen sind, hat man immer wieder scheinbar den Blick durch Spalten und Grotten in verschiedene Bereiche des Riffs. Aus Sorge um die teilweise sehr großen, gebogenen Acrylscheiben konnte leider nicht auf Vorsperrungen verzichtet werden - zu groß wird die Gefahr des Verkratzens durch Uhren, Ringe oder Schirme eingeschätzt. Auch in diesen Becken leben erst wenige Arten, die im riesigen Wasservolumen fast verloren wirken; den größten Eindruck machen jetzt noch die Kunstkorallen-Aufbauten. Die mehrere Dutzend Felder der Gehegeschilder sind erst spärlich besetzt. An den Wänden befinden sich große, weiße, blendende Leuchttafeln, die noch unbeschriftet sind; bereits existierende Texte hingegen sind dunkel und kaum zu lesen.



Die Abteilung “Riff bei Nacht” hätte ich nicht als solche erkannt. Die gelbbraune Beleuchtung der vergleichsweise kleinen Becken wirkt mehr wie ein Schwarzwasserfluß; zu sehen sind Sepien, bald auch Tannenzapfen-Leuchtfische; ein völlig biologisch betriebenes Becken (mit “lebendem” Bodengrund) beherbergt  nachtaktive Tiere der Riff-Spalten wie Garnelen, Langusten und Pyjamafische. Um so interessanter, da in den Großbecken die kleineren Riffbewohner fast völlig übersehen werden.



Durch ein Felsportal tritt man an den Rand des Außenriffs und sieht durch eine 20 m lange, 6 m hohe Scheibe weit in den offenen, dunkelblauen Ozean hinaus - zumindest ein 3-Mill.-Liter- Ozean. Die Illusion ist perfekt; in 17 m Wasser verschwindet die Rückwand, durch nach hinten abfallenden hellen Sandgrund gewinnt das Becken noch weitere Größe. Nur an den Seiten treten Korallentürme in den Hintergrund, ein Wrack muß ja auch sein; dieses hier ist komplett aus Plastik nachgebildet, einschließlich `verrosteter´ Blechkanister. Dazwischen zieht ein großer Geigenrochen seine Bahnen. Ansonsten verlieren sich die gar nicht wenigen Korallenfische doch ziemlich in der Weite des Beckens. Ein Schwarm Adlerrochen wird bald dazukommen. Eine wirklich beeindruckende Anlage, bei der weniger die Tiere als die Aussicht fasziniert.



Ein ähnliches Gefühl hat man beim anschließenden Offenes-Meer-Becken: Einige hundert Anchovis blitzen vor tiefblauem Hintergrund auf. Eine Hai-Attrappe soll künftig dafür sorgen, daß der Schwarm zusammenbleibt.


Das letzte Becken ist der obligatorische Unterwasser-Tunnel, in der Maxi-Variante mit mehr als 5 m Durchmesser, der unter einem Bootssteg verläuft (die mit Miesmuschen bekränzten Pfosten ragen in den Besuchergang hinein) und den Besucher langsam wieder an Land zurückführt. Die Segmente sind nicht verklebt, sondern mit dicken, ungeschützten Silikonnähten verbunden - nicht auszudenken, wenn ein Besucher ein Messer hineinsteckt! Auch hier wieder Massen verschiedenster Fische, erneut nicht beschildert und für den Normalbesucher nicht vom Tierbesatz der anderen Riff-Becken zu unterscheiden - den Unterschied macht weniger der Besatz, sondern die Gestaltung. Durch einen abschließenden Raum, der einen gestrandeten Wal zeigt, gelangt man zurück in die Urwaldhalle - wir aber durften in den Technikbereich.


Aufzuchtraum


Aufzucht- und Hälterungsbecken



Riffbecken in Bau


Ökosystem-Riffbecken in Bau



Die Aquarien sind allesamt beeindruckend, ihre Technik noch mehr. Dennoch will sich der richtige Eindruck noch nicht so recht einstellen; zu viele Details im Besucherbereich sind unstimmig. Alle Aquarien wirken recht düster, trotz des Kontrasts zu den dunklen Grottengängen. Die schwache Beleuchtung soll einerseits die Beckenrückwand unsichtbar im Hintergrund verschwinden lassen, vor allem aber auch Reflexionen und das Wachstum von Algen verhindern. Wer je ein Korallenriff ‚live‘ gesehen hat, den wird der schummerige Eindruck nicht überzeugen; und die Haltung z.B. von lebenden Steinkorallen, die hohe Lichtintensität benötigen, wird ebenfalls unmöglich. Auch die Beleuchtung des Besucherbereichs - vor allem in den langen, leeren Tunnelpartien - und der Beschilderung ist nicht so recht gelungen - ja, eigentlich lassen sich alle weniger guten Eindrücke auf ein Problem zurückführen: Licht.




Natürlich ließen wir es uns auch nicht nehmen, in der viel zu kurzen Restzeit den übrigen Zoo zu durchstreifen: Urwald- und Wüstenhalle, Menschenaffenanlagen, Nachttierhaus, Vogelhäuser und Mangrovenhalle. Große Veränderungen waren in den letzten Jahren hier nicht zu verzeichnen. Eine unserer Fragen an den zoologischen Mitarbeiter Marc Damen, den wir am Ende unserer Exkursion trafen, war natürlich:




Was kommt als nächstes? 2000 werden zunächst neue Ställe für die Tiere der Afrika-Savanne erbaut, direkt an den ‚Bush‘ anschließend; geheizt durch die Abwärme der Urwaldhalle, für die Besucher einsehbar, und gleichzeitig wird Platz geschaffen für eine Umgestaltung der Savanne. Und dann...? - da gibt es nur ein Grinsen und Schweigen. Bestimmt tüfteln die Leute von Burgers wieder an einer Innovation - die aber bleibt vorerst geheim. So wissen wir noch nicht genau, für welche neue Attraktion wir wiederkommen werden - aber wir werden weitere Exkursionen nach Arnheim unternehmen!




Abschließend nochmals vielen Dank an die Mitarbeiter von Burgers Zoo, allen voran natürlich Joep Wensing, der sich so viel Zeit für uns nahm, und Marc Damen!




Auch hier beeindruckt zuerst die schiere Größe. Wer die engen, mit Gerätschaften und Röhren zugebauten Betonkatakomben der Tierpflegebereiche anderer Aquarien kennt, ist von der Industriehallen-Architektur aus heller Holzkonstruktion überwältigt. Ganze Batterien von meterhohen Eiweißabschäumern stehen in einer Halle, raumhohe Rieselanlagen, mit Fahrzeugen befahrbare Gänge, weite Aufzucht- und Haltungsräume - man scheint geradezu endlos durch großzügige Technikhallen zu laufen. Auch über den Großaquarien ist reichlich Platz zur Verfügung. Auf Stegen (die Treppen sind übrigens aus Plastik, auf korrosionsgefährdetes Metall wurde überall weitgehend verzichtet) standen wir hoch über dem ‚Außenriff‘, und zuletzt gelangten wir über das in Bau befindliche Ökosystem-Riffbecken: Auf ein wildes Gerüst aus Plastikröhren werden zur Zeit Gesteinsbrocken montiert, die bald das Substrat für lebende Korallen sein sollen. Ganz langsam soll hier ein “wirkliches” Korallenriff wachsen, keine Illusion wie in den anderen Bereichen, sondern ein komplettes marines Ökosystem – ohne Kunstkorallen. Nicht der erste Versuch in einem Aquarium, aber in unserer Region der bei weitem größte.


Burgers Aquarium ist bereits jetzt einen Besuch wert - wieviel mehr erst in ein paar Monaten, wenn alle Anlagen fertiggestellt sind, und erst in ein paar Jahren, wenn sich die Riff-Lebensgemeinschaften eingespielt haben. Es setzt in Europa Maßstäbe - nicht nur wegen seiner schieren Größe, sondern wegen des ernstgemeinten Versuchs, marine Ökosysteme im Aquarium zu etablieren. Es wäre zu wünschen, daß dies dem Besucher stärker vermittelt würde und vielleicht auch wissenschaftlich begleitet.


Zum Fisch-Schwarm-Füttern!




Tip: Es gibt - erstmals - einen Zooführer. Und den neuen, prächtigen Bildband von Burgers´ Zoo mit ausführlicher Darstellung der Zoo-Gestaltung und des neuartigen Konzepts.


Leider drei Nachteile:

  • Bilder vom `Ocean´ fehlen noch
  • nur als holländische Ausgabe
  • keine ISBN-Nr.: nur beim Zoo erhältlich



Buch Arnheim

WWW.BurgersZoo.NL


Nachtag: Unsere nächste offizielle Exkursion nach Arnhem fand 2004 statt
-
zum Exkursionsbericht -


© 1999 Fotos & Text: Dirk Petzold


Erstellt am 8.12.1999 - zur  Zoo-AG Homepage logoeule