Zoo-AG



Dies ist eine Archivseite mit dem inhaltlichen Stand von 2005 und wird nicht aktualisiert. Sie zeigt den damaligen Stand der Zoos und bleibt als historisches Dokument online.

Dieser Bericht stammt von Uschi Wetzel, die ihn uns freundlicherweise zur Verfügung stellte.



Zoo-Bericht



Zoo Leipzig: Aktionstage 17./18.9.2005


























ELEFANT, TIGER & CO.: Es war die beliebte Doku-Serie des MDR, die mich zum Besuch des Leipziger Zoos bewegt hatte. Ich wollte einfach nachschauen, was es in natura damit auf sich hat. Abgesehen davon interessierte mich ein Vergleich mit dem Zoo Frankfurt, der quasi bei mir um die Ecke liegt. Also entschloß ich mich, zur Abwechslung einmal ein Wochenende in einem rund 400 km entfernten Zoo zu verbringen.

Nach dem ruhigen Freitagnachmittag, der ausreichend Gelegenheit bot zum Erkunden der vielfältig strukturierten Anlage, ergab sich der erste günstige Umstand gleich am Samstagmorgen. Kaum hatte ich meine Eintrittskarte erstanden (schön die wechselnden Motive), befand ich mich direkt in einer Führung von Herrn Dr. Junhold. Wer sonst könnte das Konzept des "Zoos der Zukunft" besser erläutern? Der Zoodirektor weiß darüber hinaus durchaus sein Publikum glücklich zu machen: Nach dem Besuch der Baustelle für die neue Elefantenanlage haben ganz bestimmt alle, die dabei waren, abends beim Wienern ihrer schlammverkrusteten Schuhe zufrieden an das "Abenteuer Zoo Leipzig" gedacht und ihre Treter noch ein bißchen schwungvoller poliert.

Danach lockte das vielfältige Programm, geschickt so zusammengestellt, daß nichts versäumt werden konnte - wenn auch teils im Galopp, wozu allerdings mein nur mäßig ausgeprägter Orientierungssinn viel beitrug; trotz all der schönen Parkpläne habe ich mich oft verlaufen. Fast wie im Supermarkt: Wenn ich nur ordentlich suchen muß, komme ich garantiert an sämtlichen "Regalen" mit all den verführerischen "Produkten" vorbei.

UNGLAUBLICH: Es ist alles wirklich so wie in der Fernsehserie - und noch schöner. Was bei den Aufnahmen, die mir jede Woche ins Wohnzimmer flimmern, nahezu untergeht, ist die sagenhaft schöne Gestaltung des Zoos auch für dessen Gäste: Meist kam ich mir wie bei einem Waldspaziergang vor; es gibt viele Bereiche, die schlicht zum Ausruhen, zum Innehalten einladen, neben der für die Tiere oft unauffälligen Beobachtung ihrer Gehege (sehr gut die zusätzlichen Informationen, zahlreiche Texttafeln vermitteln viel Wissenswertes). Genauso schön die vielen alten Gebäude, durch stilgerechte Sanierung erhalten, notfalls auch komplett neu errichtet, wie z.B. die alte Freiflugvolière aus den 20er Jahren, die - wegen der maroden Bausubstanz einsturzgefährdet -  vollständig abgerissen werden mußte und originalgetreu wiederaufgebaut wurde.

"Das ist ja alles echt!" dachte ich mir ebenfalls immer wieder, sobald ich mit den im Zoo Beschäftigten zusammentraf. Von der freundlichen "ersten Hilfe" am Eingang (wie erleichternd das Angebot zur Gepäckaufbewahrung!) über ZoolotsInnen, Bauarbeiter, und Auszubildende bis hin zum Direktor - alle tragen gemeinsam das Konzept mit, auf sehr überzeugende Weise. Offene Ohren, präzise Auskünfte und hilfreiche Tips (z.B. für verzweifelte Fragen nach bestimmten Orten) gab es überall; derart engagierte MitarbeiterInnen habe ich in einem Unternehmen selten - wenn ich's recht bedenke: nie - angetroffen. All das zudem in einer Situation, die höchsten Streß für die Angestellten bedeutet: bei Massenansturm. Statt hektischer Abfertigung eine wunderbar angenehme Atmosphäre. Alle Beteiligten verbreiten eine unfaßbar gelöste Stimmung, keine einzige arme, genervte Seele. Ich mußte mir mit aller Kraft vergegenwärtigen, daß es sich hier um eine GmbH der Stadt Leipzig, ein Unternehmen der freien Marktwirtschaft handelt.

LIEBEVOLL ist ein weiterer Begriff, der sich mir geradezu aufdrängte. Natürlich zunächst "nur" auf den Umgang mit den Tieren bezogen, kennen wir das alle durch ETC. Doch bei der allgemeinen Gestaltung des Tierparks gibt es keine Ausnahme: Ob Safari-Büro, Losbuden, Eingangsbereich oder Toiletten: Die vielen kleinen, sorgfältig durchdachten Details machen den Gesamteindruck aus. Die imponierend großzügigen, artgerechten Tiergehege seien an dieser Stelle besonders hervorgehoben. Natürlich ist es kein Geheimnis, daß z.B. Irbisse, Eisbär, Aras und Brillenbären leider immer noch in den alten Gehegen/Volièren schmoren, aber es ist auch nachvollziehbar, weil eben alles nur schrittweise verbessert werden kann (was vor allem mit Fragen der Finanzierung - und der Zeit - zu tun hat). Doch dort, wo der "Zoo der Zukunft" bereits Gegenwart ist, war ich froh für die Tiere, sie in Anlagen zu sehen, die ihnen viel Bewegungsfreiheit ebenso wie Rückzugsmöglichkeiten bieten - vor Artgenossen genauso wie vor den Blicken des Publikums. Neben den gelungenen Vorzeigeprojekten Pongoland und Afrika-Savanne (mit der gut funktionierenden Vergesellschaftung von sechs verschiedenen Tierarten) ist ein gutes Beispiel die Tiger-Taiga. Vor einigen Monaten wurde in ETC berichtet, die Außenanlage solle umgebaut werden, damit die Zoogäste die Tiere auch zu sehen bekommen. Damals schrieb ich besorgt an den Zoo, lieber keine Tiger zu sehen, aber zu wissen, daß sie die Rückzugsfreiräume haben, die sie brauchen. Prompt erhielt ich die Antwort eines Kuratoren, dies sei bei der Planung des Umbaus beachtet worden. Beim Besuch stellte ich fest, daß er nicht zuviel versprochen hatte. Die Tiger müssen nicht die Innenräume aufsuchen, um ungestört zu sein. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang: Bei den Tierarten, die auf Außenanlagen zu sehen sind, sind deren Innengehege i.d.R. für Zoogäste nicht zugänglich.

Absolute Höhepunkte waren natürlich die Kommentierungen der verschiedenen TierpflegerInnen an den einzelnen Anlagen. Dieter Georgi und seine Pinguine, Franka Friedel und ihre Seebären, Martina Molch & Horst, die mit bewundernswerter Ruhe Haltung bewahrten im lautstarken Trubel des Musikprogramms (das einzig Unangenehme an diesem Wochenende; und niemand dachte daran, das schier unerträgliche Gedröhn abzuschalten, um das Lama zu schonen, das allein wegen des Gedränges genug belastet war. Doch Horst & Martina bewältigten neben dieser Situation auch den Moderator (und seine vier Metallstufen souverän), Jörg Gräser und seine Erdmännchen, Michaela Specht und ihre Giraffen: Alle sind richtig nett und beantworten zuvorkommend auch die seltsamsten Fragen. Sie nehmen sich Zeit für neugierige kleine und große Kinder, ermuntern sie zum Hinschauen und Ausprobieren (wo möglich), regen Nachdenken an und verweisen auf z.B. die sehr spannend gestaltete "Artenschutz-Arche", auf Schutzprojekte, die aktuell unterstützt werden, oder auf weitere Programmpunkte, die zunächst nicht so spektakulär erscheinen, sich aber als hochinteressant, informativ und teils auch lustig erweisen (Besichtigung Veterinärstation, Blasrohrschießen, Aktionen der Auszubildenden wie z.B. Beschäftigungsfutter-Basteln für die Affen - ich habe mich dann schon gefragt, wer hier wen beschäftigt). J Der Zoo Leipzig kann sich glücklich schätzen, sie als MitarbeiterInnen zu haben.

Fazit: Der Zoo Leipzig ist nicht nur an Aktionstagen absolut empfehlens- und unterstützenswert. Nicht nur der Frankfurter Zoo kann und sollte sich gleich mehrere dicke Scheiben davon abschneiden.

www.zoo-leipzig.de





Anmerkung: Die Darstellungen und Meinungen der Gast-Berichte geben die Meinung der Autoren, aber nicht zwingend die der Zoo-AG Bielefeld wieder.




© 2005 Fotos & Text: U. Wetzel - zur  Zoo-AG Homepage logoeule